Das Schweizer Stromsystem steht vor grossen Veränderungen: Der Kraftwerkspark verändert sich aufgrund der Förderung erneuerbarer Energien sowie dem schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie deutlich. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Strom mit der Ablösung von Verbrennungsmotoren und Ölheizungen. Die Anforderungen an die Stromnetze wandeln sich somit stark: Eine Modernisierung des Übertragungsnetzes (siehe Bericht BFE) ist notwendig, um den Strom auch zukünftig sicher und zuverlässig transportieren zu können (siehe Netz der Zukunft).

Der Ausbau des Netzes ist mit einer Operation am offenen Herz vergleichbar. Stromleitungen und Transformatoren müssen temporär abgeschaltet werden, damit sicher daran gearbeitet werden kann. Swissgrid spricht in diesem Fall von Ausserbetriebnahmen. Gleichzeitig muss die Netzsicherheit gewährleistet sein. Nirgends darf aufgrund von Unterhaltsarbeiten oder Bauarbeiten der Strom ausfallen. Deshalb plant Swissgrid Ausserbetriebnahmen äusserst gewissenhaft und mit Unterstützung einer spezialisierten Software. Diese wird gerade neu entwickelt, da Swissgrid aufgrund des dringend notwendigen Ausbaus des Netzes mit einer Zunahme von Ausserbetriebnahmen rechnet.

«Ausserbetriebnahmen ohne Software-Unterstützung zu planen, ist undenkbar.»

Oliver Haubensak, Swissgrid

«Nur mit guter Software-Unterstützung können wir die erwartete Zunahme der Ausserbetriebnahmen effizient handhaben.» sagt Oliver Haubensak, Head of Short-term Operational Planning bei Swissgrid. Er hat aufgrund der komplexen Planung von Ausserbetriebnahmen die «Vision Operational Planning», ein zentrales Software-Projekt bei Swissgrid, initiiert. Dieses hat das Ziel, die für die Planung von Ausserbetriebnahmen zuständigen Mitarbeitenden mit Software möglichst gezielt bei ihren Entscheidungen zu unterstützen. Dies ist nötig, denn die Fehlertoleranz bei der Arbeit der Planerinnen und Planern ist – ähnlich wie bei Fluglotsinnen und Fluglotsen – sehr klein.

Die weiterentwickelte Software stellt sicher, dass Ausserbetriebnahmen frühzeitig und zu einem hohen Grad automatisiert geplant werden und gleichzeitig alle Vorgaben für die Gewährleistung der Netzsicherheit während den Bauarbeiten eingehalten werden. 

Mitarbeitende früh einbeziehen: mit User-Centered Design zu benutzerfreundlicher Software

Swissgrid ist darauf angewiesen, dass die neue Software zur Planung von Ausserbetriebnahmen den Ansprüchen der Mitarbeitenden genau entspricht. So wird erreicht, dass die Mitarbeitenden beim späteren Arbeiten mit der Software keine Fehler machen und damit die Netzsicherheit gefährden. Im Projekt sind sie deshalb eng mit in die Entwicklung einbezogen. Sie steuern Inhalt, Struktur und Aussehen der neuen Software. Dies gelingt mit der Methode User-Centered Design. Dafür holte sich Swissgrid die Unterstützung der Agentur Zeix.

«Der Clou: das digitale Produkt wird von der Benutzerseite (Frontend) aus konzipiert und sehr früh visualisiert.»

Benedikt Heil, Agentur Zeix

Der frühe Einbezug der Benutzerinnen und Benutzer ermöglicht, dass für die technische Umsetzung sehr konkrete Vorgaben vorhanden sind, weil klar ist, wie die Applikation und die Prozesse darin aussehen und funktionieren sollen. «Das tolle an diesem Ansatz ist, dass wir bereits vor der aufwändigen Software-Entwicklung die Gewissheit haben, dass unsere neue Applikation nützlich sein wird. Denn sie wird den Anforderungen unserer Nutzerinnen und Nutzer entsprechen.» meint Haubensak.

Wie wird «User-Centered Design» umgesetzt?

Der «User-Centered Design» Prozess, der für die Vision OP eingesetzt wird.
Der «User-Centered Design» Prozess, der für die Vision OP eingesetzt wird.

Die Spezialistinnen und Spezialisten von Zeix beobachten die Swissgrid Mitarbeitenden bei der Planung der Ausserbetriebnahmen (1). Dabei wird ineffizientes oder sicherheitsrelevantes Verhalten festgehalten. Zusammen mit den Anforderungen der Mitarbeitenden ergibt sich dadurch ein recht klares Bild der relevanten Funktionen für die neue Software (2). Anders als im bisher bei Swissgrid gängigen Verfahren, werden diese Anforderungen nicht in ausführlichen Beschreibungen und Listen dokumentiert, sondern ein Prototyp der zukünftigen Anwendung gezeichnet (3).

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Erste Ideen werden von den Nutzenden skizziert und gemeinsam diskutiert.

Dieser Prototyp wird iterativ weiterentwickelt: Zeix präsentiert den Nutzerinnen und Nutzern neue Prototyp-Skizzen, diese validieren die Praxistauglichkeit und die technische Umsetzbarkeit (4). Diese Schritte wiederholt das Team so oft, bis nach und nach ein sehr detailliertes Bild der neuen Applikation entsteht.

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Von der Skizze zum finalen Prototyp: in den Iterationen wird aus Anforderungen, technischer Machbarkeit und Benutzerfreundlichkeit ein finales Bild der zukünftigen Software geformt.

Dabei sind die Nutzerinnen und Nutzer unterschiedlich beteiligt. Manchmal betrachten sie den Prototyp und geben Feedback dazu, manchmal kommen bisher Unbeteiligte in Form eines «Usability-Tests» in den Genuss, den Prototyp in einer realen Alltagssituation zu bedienen. So wird sehr praxisnah die Tauglichkeit des Systems geprüft.

Durch das iterative Verfeinern wird das Bild der neuen Applikation so klar, dass bei der Entwicklung der Software kaum mehr Fragen zur Funktionalität bestehen. Und es wird sichergestellt, dass das Produkt am Ende den Erwartungen der Nutzenden entspricht.

Mit der Methode User-Centered Design wird garantiert, dass die entstehende Lösung die Mitarbeitenden in ihrer Arbeit optimal unterstützt. Swissgrid ist überzeugt, für die herausfordernde Zukunft gut gewappnet zu sein und das Netz auch mit vielen Bauarbeiten ausfallsicher betreiben zu können.



Autor

André Räss
André Räss

Communication Manager


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