Am Nachmittag des 17. Juli gingen in weiten Teilen des Oberwallis die Lichter aus. Stromausfall. Wegen verschiedenen Bauprojekten im Übertragungsnetz standen an diesem Tag Schutzprüfungen im Unterwerk Chippis an. Im Rahmen dieser Arbeiten kam es um 16.23 Uhr zu einer ungewollten Schutzauslösung des Netzknotens Creux de Chippis. Das führte zum regionalen Versorgungsunterbruch im Verteilnetz. Die bisherigen Untersuchungen dieses komplexen Vorfalls haben ergeben, dass eine Verkettung von technischen und menschlichen Faktoren zum Ereignis geführt hat.

Im Interview

Wie ist es zu diesem Vorfall gekommen?
Adrian Häsler: Zuerst einmal ist es wichtig zu sagen, dass uns dieser Vorfall leid tut. Wir bedauern die dadurch entstandenen Unannehmlichkeiten ausserordentlich.

Der Vorfall am 17. Juli ist im Kontext mit dem Netzausbau im Wallis zu sehen. Die Arbeiten sind sehr komplex und anspruchsvoll. Bei der Prüfung von Schutzeinstellungen im Unterwerk in Chippis ist es zu einer ungewollten Auslösung des Sammelschienenschutzes gekommen. Die bisherigen Untersuchungen haben ergeben, dass eine Verkettung von technischen und menschlichen Faktoren zum Ereignis geführt hat.

Was waren denn die technischen Faktoren?
Im Wallis gibt es Netzengpässe. Die Kapazitäten im Übertragungsnetz in der betroffenen Region reichen für den Abtransport der Energie aus der hohen Stromproduktion der alpinen Wasserkraftwerke während dem Sommer nicht aus. Diese Netzengpässe haben wir übrigens im Rahmen des «Strategischen Netzes 2025» erkannt und bereits 2015 adressiert. Der Netzausbau, wie Swissgrid ihn geplant hat, ist für die langfristige Gewährleistung der Versorgungssicherheit unerlässlich. Die Projekte «Chamoson – Chippis», «Chippis – Bickigen» und «Chippis – Lavorgo» werden die angespannte Netzsituation im Wallis nachhaltig eliminieren und damit die Robustheit der gesamten regionalen Netzinfrastruktur von Swissgrid erhöhen.

Diese Netzengpässe haben wir übrigens im Rahmen des «Strategischen Netzes 2025» erkannt und adressiert.

Adrian Häsler, Swissgrid

 
Bis diese Arbeiten aber abgeschlossen sind, muss Swissgrid während rund 15 Wochen im Jahr das Übertragungsnetz im Unterwerk Mörel in Ost-West-Richtung vollständig trennen, um die Netzsicherheit und die notwendigen Übertragungskapazitäten in der Region zu gewährleisten. Dies führt zu einer geringeren Störungstoleranz in der Region.

Die laufenden Netzausbauprojekte im Wallis hatten auch Anpassungen im Betrieb des Unterwerks Chippis zur Folge, die sich auf die Schutzeinstellungen der Anlage auswirkten. Diese Einstellungen wurden bereits im Dezember 2019 vom beauftragen Dienstleister vorgenommen und entsprechen dem üblichen Vorgehen.

Und welches waren die menschlichen Faktoren?
Am 17. Juli 2020 haben geplante Tests von Schutzparametern im Unterwerk Creux de Chippis stattgefunden. Dabei passierten Fehler, die Anlage wurde beispielsweise nicht in den Revisionszustand versetzt. Bei den Arbeiten wurde unbeabsichtigt der sogenannte Sammelschienenschutz ausgelöst. Die Schaltanlage im Unterwerk Chippis war in der Folge spannungslos. Aufgrund der speziellen Netzsituation waren auch die Schaltanlagen in Stalden, Bitsch, Zermeiggern und Mörel vom Spannungsverlust betroffen. Das führte zum regionalen Versorgungsunterbruch im Verteilnetz.

Das Schweizer Übertragungsnetz gehört zu den sichersten der Welt.

Adrian Häsler, Swissgrid

 
Kann sich dieser Vorfall überall wiederholen?
Das ist äussert unwahrscheinlich. Das Schweizer Übertragungsnetz ist eng vermascht und wird nach der N-1-Regel betrieben. Fällt ein Netzelement aus, beispielsweise eine Leitung, darf demnach kein anderes Element überlastet sein. Diese Redundanz war, wie erwähnt, im Raum Chippis vorübergehend nicht gegeben. Es handelt sich beim Versorgungsunterbruch im Wallis um einen äussert seltenen Vorfall. Wir setzen alles daran, den Vorfall gründlich und gewissenhaft aufzuarbeiten und die richtigen Schlüsse zu ziehen, damit sich dies in Zukunft nicht wiederholt. Diese Abklärungen nehmen wir sehr ernst, sie nehmen entsprechend Zeit in Anspruch.

War es fahrlässig, in dieser Konstellation solche Arbeiten durchzuführen?
Nein. Diese Arbeiten haben im Regelfall keine Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit. Zudem waren sie für den Umbau der Verbindungen zwischen Bickigen, Chippis und Wimmis zwingend erforderlich.

Lernt Swissgrid aus diesem Vorfall? Und fliessen diese Erkenntnisse in die tägliche Arbeit ein?
Wir haben die Prozesse für Arbeiten an den Anlagen bereits entsprechend überprüft. Die Erkenntnisse aus dem Vorfall fliessen in die Schulungen und Ausbildungen von internen sowie externen Fachleuten ein. Es ist mir wichtig zu betonen, dass Sicherheit bei Swissgrid höchste Priorität hat. Sicherheit für Menschen, Anlagen und Umwelt. Wir haben einen Safety-First-Ansatz, der bei uns und unseren Dienstleistern fest verankert ist.

Sicherheit für Menschen, Anlagen und Umwelt hat oberste Priorität bei Swissgrid.

Adrian Häsler, Swissgrid

 
Gibt es viele solcher Zwischenfälle im Schweizer Übertragungsnetz?
Nein, das Schweizer Übertragungsnetz zählt zu den sichersten und stabilsten der Welt. Gemäss Eidgenössischer Elektrizitätskommission ElCom nimmt die Schweiz punkto Versorgungsqualität im gesamteuropäischen Vergleich einen Spitzenwert ein. Die durchschnittliche Unterbrechungsdauer pro versorgtem Endverbraucher und Jahr betrug im Jahr 2019 in der Schweiz 19 Minuten. Davon sind nur 0,2 Prozent auf das Übertragungsnetz zurückzuführen.


Autor

Kaspar Haffner
Kaspar Haffner

Head of Communication & Stakeholder Management


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